Vilshofen — Wie jedes Jahr lud die Pfarrgemeinde unter Pfarrer Lothar Zerer und dem Pfarrgemeinderatsvorsitzenden, Bernhard Oberneder, ihre Mitarbeiter — Hauptamtliche und Ehrenamtliche — als Zeichen der Wertschätzung zum traditionellen Mitarbeiterfest in den Pfarrsaal ein.
Dabei ging es nicht nur um geselliges Beisammensein mit musikalischer Begleitung durch eine Abordnung der Johannesbläser und einem Resümee des abgelaufenen Jahres, sondern auch um eine kritische Betrachtung der allgemeinen kirchlichen Situation.
Pfarrer Zerer berichtete über die Ausgaben der Kirchengemeinde. Von Kerzen über Orgelwartung bis zu den Energiekosten fällt da einiges an. Die Heizung für Pfarrhaus, Kirche und dem denkmalgeschützen Hauptgebäude, in der auch die Stadtbücherei untergebracht ist, basiert auf Gas und ist nach 40 Jahre nicht mehr ganz auf dem Stand der Technik. So ist es nicht verwunderlich, dass die Energiekosten im letzten Jahr ein Viertel aller Ausgaben ausmachten. Deshalb prüft die Pfarrei verschieden Varianten effizienterer Heizungstechnik.
Es folgte ein Film über die Dachstuhlsanierung der Vilshofener Stadtkirche, mit spektakulären Luftaufnahmen, die die gesamte Bauphase zeigten, vom Aufbau des Gerüstes, über die Inspektion der irreparabel morschen Dachstuhlbalken, weiter zum Richtfest in schwindelerregender Höhe mit Pizza vom Pizzaservice, dem Decken des Daches, dem letzten Handanlegen und Polieren der kupfernen Zierkugel und zum Schluss dem Abbau des Gerüstes.
Die aus der Vogelperspektive gelieferten, atemberaubenden Aufnahmen mit der Stadt im Hintergrund, der Donau und der Vils und den jeweiligen Brücken, der Hügellandschaft — so alles hätte der liebe Gott selber den Pinselstrich angesetzt — ließ die Zuschauer berührt zurück, als wollten sie sagen: „wir wussten gar nicht, wie unfassbar schön Vilshofen ist. Und Respekt vor der Arbeit der Architekten, Bauarbeiter, Zimmerer, Gerüstbauer und den vielen Helfern und Beteiligten an der Sanierung“.
Nach der Sanierung ist vor der Sanierung: der Turm der Stadtkirche hat sich mit ca. 40 cm Richtung Stadtplatz geneigt. Man wird dem schiefen Turm von Pisa keine Konkurrenz machen wollen und deshalb wird man ab ca. 2024 mit der Wiederaufrichtung des Turmes beginnen müssen.
Pfarrer Zerer ging zuletzt auch auf die momentane kirchliche Gesamtsituation ein, den vielen kritischen Stimmen, den Kirchenaustritten, die die katholische Kirche in Bedrängnis bringen und sie manchmal lähmt. Es findet gerade eine Art Katharsis des kirchlichen Lebens und Glaubens statt. Unter den deutschen Bischöfen gibt es verschiedene Meinungen, wie die Kirche einen Reformprozess starten soll. So vertritt Bischof Bätzing mit seinen Vorschlägen zu mutigen Reformschritten eine sehr offene Position, mit denen sich viele Kirchengemeindemitglieder identifizieren, die allerdings bei den konservativen Kräften auf starke Vorbehalte stoßen.
Pfarrer Zerer erzählte von einem Krankenbesuch bei einer Komapatientin vor einigen Jahren. Der Arzt sagte am Krankenbett, dass der Genesungsprozess zu 30% vom Arzt, zu 30% vom Patienten und zu 40% von dem Umfeld des Patienten beeinflusst wird. Die Komapatientin wachte nach einer gewissen Zeit wieder auf und kehrte nach Hause zurück, wo die Enkelkinder mit kindestypischer Unbedarftheit mit ihr Mensch-Ärgere-Dich-Nicht und Ballfangen spielten. Und so kämpfte sich die alte Frau zurück ins Leben.
Um bei der Analogie zu bleiben: die Kirchengemeinde ist das Umfeld, das mit ihrem Dienst am Menschen der Kirche Leben einhaucht. Es ist – so Pfarrer Zerer – eine lebendige Gemeinde. Die Kirchenmusiker, die der Kirche eine musikalische Stimme geben, die vielen Programme für Kinder (z.B. Kochkurse für Kinder) und Senioren (z.B. Seniorenkino), das Engagement für Flüchtlinge speziell jetzt für die vor dem Krieg in der Ukraine Geflüchteten. Es gibt so viele Team-Player in der Gemeinde, die man gar nicht alle aufzählen kann und die teilweise an die Belastungsgrenze gehen. Das ist gelebte Nächstenliebe, fern von aller Dogmatik, und da wo Liebe ist, da muss auch Gott sein, und da wird die Kirche von ihrer Lähmung befreit.
Man merkte, wie Pfarrer Zerer und Pater Binoy hinter ihrer Gemeinde stehen und wie gleichzeitig die Pfarrgemeinde hinter ihren Pfarrern steht.